Klaus Dimar

Klaus Dimar


Kurz etwas über mich. Meine Kindheit erlebte ich mit ca. dreißig anderen Kindern, größere und kleinere, in einer Bergmannsiedlung im südlichen Ruhrgebiet. Das war eine aufregende und freie Zeit, hieß es doch oft von Seiten der Eltern, vor allen Dingen in den Ferien: „Raus und lasst euch vor heute Mittag nicht mehr blicken!“


Einen Kindergarten kannten wir nicht, dafür die Wiesen und Wälder um unsere Häuser (Welch ein Glück). Auf dem Schulweg tobten wir noch gemeinsam, aber dann trennten sich unsere Wege in eine katholische und in eine evangelische Volksschule.


Kurz und gut, danach Realschule, Lehre bei Siemens, dann später das Abendgymnasium.


Die ersten beiden Kinder, dann die Chance einer Selbständigkeit, die ich allerdings nach zwölf Jahren zu Gunsten der Arbeit mit Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen aufgab. Im Zuge dieses Berufes wechselte ich von der Ruhr an die Havel, wo ich jetzt schon sechzehn Jahre lebe.


Vielleicht liegt es an der Gelassenheit der hiesigen Landschaft, dass ich endlich zum Schreiben finde. Eine Reihe von Kurzgeschichten warten schon auf Sie als Leser und Leserinnen, zurzeit arbeite ich an einer Novelle, die im Ruhrgebiet spielt.


Weitere Informationen: 

https://www.klaus-dimar.de

Leseprobe:


Heroes

Das Gästehaus verschwindet im kalten Grün des Morgens, die Reifen meines Autos knirschen auf dem Schotter. Meter für Meter verjüngt sich der Feldweg im Rückspiegel, wird schmaler und schmaler, dann verschwindet er komplett. Und nichts, aber auch gar nichts kann mehr passieren, das Tor zum Garten bleibt bewacht. Aber ich war der König und du die Königin.

Am Tage davor, gegen Mittag packte ich meine Sachen, hievte alles in den Wagen, verabschiedete mich von zu Hause und fuhr los. Die Kleine winkte ihrem Papa hinterher. Ich hatte eigentlich keine Lust auf ein Klassentreffen, zumal noch mit einer Übernachtung. Aber diese eine Nacht werde ich auch noch überstehen, sagte ich mir.

Erst am Abend, nach langer Fahrt in den Westen, traf ich sie alle schon vor dem Haus, das mitten im Wald auf einer Lichtung erbaut wurde. Nur mit Glück hatte ich ich den Feldweg gefunden, entdeckte endlich diesen Wegweiser. Mein Koffer landete auf das Zimmer für die Nacht und bald saßen wir alle auf den Bänken im Garten, aufgeteilt, wie damals in der Klasse.

Dann loderte ein Feuer auf, jemand rief nach Musik und Bier. Das musste nicht ich gewesen sein. Lange Antworten auf die kurze Frage: »Was machst du denn jetzt?« – an allen Tischen. Dann erlöste uns ein Gewitter vor zu vielen Wiederholungen und wir stürmten den großen Saal im Haus, wo schon die Musikanlage vorglühte. Musik dröhnte durch die geöffneten Fenster in den nassen Wald.

Können Wildschweine eigentlich tanzen?, fragte ich mich.

Sogar unsere Klassenlehrerin ließ sich erweichen und schwebte durch den Raum. So wie wir beide. Erst nach einsamen Luftgitarrensoli entdeckte ich dich. Und du mich.

Warst du überhaupt in meiner Klasse? Ich verzweifelte an meiner fehlenden Erinnerung. Aber was interessierte das David Bowie? Der Rhythmus von „Heroes“ stampfte sich in unsere Gefühle, lauthals sangen wir alle mit: „We can be heroes ...

Du und ich, wir ahnten da noch nichts.

Mit einem Mal aber hielt ich dich in meinen Armen, unsere Blicke verschränkten sich. Draußen tanzten wir weiter, Regen lief wie Tränen über unsere Gesichter.

Bowie sang: „And we kissed ...

Wir beide wussten, dass es nicht sein darf. Und nichts würde uns helfen.